Etikette 101

Dieser Leitfaden ist keineswegs dazu gedacht, euch in eurer Freiheit zu beschneiden. Er soll euch vielmehr helfen, Missverständnisse zu vermeiden und Unsicherheiten abzubauen. Das Bedürfnis nach einer solchen Orientierungshilfe ist zweifellos vorhanden, es kommen stets Fragen, die hier nun hoffentlich beantwortet werden konnten.

Auch solltet ihr jetzt nicht in Angst vor Zudringlichkeiten und sonstigen Taktlosigkeiten verfallen. Bei uns herrscht ein freundlicher und respektvoller Umgang miteinander. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass dies so bleibt und wir uns noch lange daran erfreuen können.

Die Etikette soll euch als Leitfaden im sozialen Umgang innerhalb unserer Gruppe dienen. Forró ist ein brasilianischer Tanz, die meisten Karlsruher Forrozeir@s sind jedoch keine Brasilianer. Sitten und Normen aus Brasilien eins zu eins zu übernehmen, wäre daher nicht angebracht. Wir haben eigene, zugeschnitten auf unsere Gruppe.

Nehmt sie euch bitte zu Herzen, sodass wir die gemeinsame Zeit auch wirklich genießen können.

Ergänzungen und Feedback sind stets erwünscht, schreibt uns einfach eine E-Mail.

Liebe Neueinsteiger, lasst euch durch die vielen, mal mehr und mal weniger bindenden, Tipps und Hinweise nicht verunsichern. Auch braucht ihr euch beim Tanzen nicht vor Fehlern zu fürchten – die passieren uns allen. Traut euch zu uns, der Rest wird sich ergeben.


Hygiene

Wenn alles andere gut gemeinter, unverbindlicher Ratschlage sind, besteht bei Hygiene wenig Spielraum. Die körperliche Nähe, die diesen Tanz nun mal auszeichnet, erfordert ein hohes Maß an Respekt – welcher sich u. A. in der Einhaltung gewisser hygienischer Standards äußert. Wer Teil der Gemeinschaft sein möchte, muss gewisse Mindeststandards erfüllen, darauf wird bei uns viel Wert gelegt.

Hier sind die wichtigsten Punkte:

  • frisch geduscht, saubere Klamotten und Zähne putzen, notfalls Kaugummi, Pfefferminzbonbons oder Atemsprays verwenden
  • seid bitte sparsam mit Parfüm, ein dezentes Deo kann dagegen nützlich sein
  • Forró kann sportlich werden und bringt einen schnell ins Schwitzen. Bringt bitte Ersatzkleidung mit und ggf. ein Handtuch zum Abtrocknen, gönnt euch zwischendurch mal das eine oder andere Lied Pause zum Abkühlen und Trocknen

Was zieht man an?

Schuhe
  • Tanzen mit bequemen Schuhen. Am besten bitte flache Tanzschuhe oder leichte (Turn-)Schuhe mitbringen. Mit Havaianas/Flip Flop, Barfuß (oder mit Socken) geht auch. Inzwischen gibt es viele Tanz-Sneakers für Damen un Herren, wie z.B. von Taygra und Pra Bailar
  • Liebe Damen, bitte keine hohen Absätze. Für die Art, wie wir tanzen, sind sie eher unpraktisch und können bei Zusammenstößen zu Verletzungen führen, da manche von uns barfuß tanzen. Empfehlenswert dagegen sind flache Tanzschläppchen wie z. B. die von Capezio, Lyrische Sandalen, Tanzkappen, oder die speziell angefertigte  Forró Molecas von Tati (DE), Xiado (PT) oder Forrostore (UK).
  • Liebe Herren, auch für euch gibt es passende Tanzschuhe, z. B. Tygra Corrida. Da ihr nicht ganz so oft dreht wie die Damen und auch nicht auf den Fußballen steht, hat das Thema für euch einen weniger hohen Stellenwert. Zieht euch in jedem Fall bequeme, flache und nicht all zu klobige Schuhe an, auf denen es sich gut drehen lässt. Oder tanzt barfuß.
  • Wichtig: Wir halten an die Benutzungsordnung des Raumes. Je nach Location ist die Verwendung von Straßenschuhen auf den Tanzflächen nicht zulässig. Dabei gelten auch auf der Straße getragene Turnschuhe als Straßenschuhe.
Kleidung
  • Besonders chic braucht ihr euch für einen Forró-Abend nicht zu machen. Zieht an, worin ihr euch wohl fühlt und was euch nicht am Tanzen hindert.
  • Liebe Damen, manche Kleidung ist zum Forró eher weniger geeignet:
    • Zu enge Röcke, die eure Schrittlänge limitieren
    • Kleider, die bei Drehungen plötzlich höher fliegen, als euch lieb sein dürfte [Tipp: ’ne Shorts drunter]
    • schlabbernde Ärmel / Oberteile, in denen sich die Hände des Partners verfangen können
    • klobiger oder spitzkantiger Schmuck
  • Liebe Herren, auch für euch einige Hinweise:
    • Armbanduhren können sich in den Haaren der Damen verfangen
    • Kurze Hosen sind für warme Partys oder Kursstunden empfehlenswert
    • Hosen mit Klettverschlüssen können unangenehm an Oberschenkeln der Partnerin reiben und ihre Strumpfhosen beschädigen
    • denkt bitte an T-Shirts oder Hemden zum Wechseln

Die Aufforderung zum Tanz

Die Aufforderung zu einem Tanz stellt für manche eine ganz besondere Herausforderung dar.

Wann und wen fordert man auf?
Das Lied hat gerade begonnen und ihr habt noch keinen Partner? Dann aber schnell: Schaut euch um, wer sonst noch am Rande der Tanzfläche steht und sich ungedundig umguckt.

Sofern ihr die Person nicht kennt, solltet ihr sie nicht unbedingt aus einem Gespräch reißen oder sie mit euerer Aufforderung am Bestellen eines Getränkes hindern.

Ein Getränk in der Hand kann als Zeichen für’s Pause machen gelten – muss aber nicht.

Vermeidet es bitte, stets nur die fortgeschritteneren Tänzer aufzufordern. Auch solltet ihr niemanden permanent um einen Tanz bitten, der euch nicht auch mal von sich aus auffordert.

In unserer Szene darf jeder jeden anderen fragen. Bei uns fordern Männer und Frauen gleichermaßen auf, warum auch nicht. Auch ist es nicht unüblich, dass Frauen führen oder Männer folgen.

Einige Damen entscheiden sich immer noch dafür, darauf zu warten, gefragt zu werden. Und einige Leader und Follower sind manchmal schüchtern und fragen nicht so schnell. Wenn Ihr nicht gefragt werdet, nehmt Ihr es nicht persönlich. Seid proaktiv und Ihr werdet eine ganze Nacht tanzen und Leute kennenlernen.

Wie fordert man auf?
Stellt Augenkontakt her, geht hin und fragt die Person, ob er/sie mit euch tanzen möchte. Ausgestreckte Arme können das Fragen ersetzen, aber besser wäre mit einem Lächeln bittet Ihr eine andere Person, „Möchtest Du tanzen?“ oder kurz „tanzen?“

Seid in jedem Fall freundlich und authentisch.

Wann und wie lehnt man ab?

Genau so, dass Ihr jeden/r zum Tanz auffordern dürft, dürft Ihr Tänze ablehnen. Bitte höflich! Eine Aufforderung abzuschlagen ist nicht schön und sollte nicht der Normalfall sein, manchmal ist dies jedoch unumgänglich. Zum Beispiel, wenn der Moment gar sehr unpassend ist, ihr dringend ein Päuschen braucht, oder wenn das Lied Euch nicht gefällt.

Ein freundliches „Sorry, ich brauche mal ’ne Pause“ erfüllt seinen Zweck und bewahrt den Frieden. Obwohl Ihr nicht verpflichtet seid, zu einem späteren Zeitpunkt mit dieser Person zu tanzen, könnt Ihr hinzufügen: „wir tanzen später“ oder „Ich suche Dich später“. Wenn Ihr diese Sätze hinzufügt, solltet Ihr auch ernst meinen. Sofern diese Begründung nicht nur vorgeschoben ist, solltet ihr nach eurer Pause die Person von euch aus auffordern.

Es gibt manchmal einen triftigen Grund, Tanz mit jemandem abzulehen, z.B. wenn der/die Auffordernde stark alkoholisiert ist oder sich zuvor euch gegenüber respektlos verhalten hat. Ihre persönliche Sicherheit – ob körperlich oder geistig – ist wichtig. Der abgelehnte Partner kann nach dem Grund fragen. In diesem Fall habt Ihr die Möglichkeit, ihm ein ehrliches Feedback zu seinem Verhalten zu geben. (Je nach Verhalten möchtet Ihr ihnen vielleicht Feedback geben, unabhängig davon, ob sie danach fragen oder nicht.)

Was tun bei Ablehnung?
Bitte respektiert dieses „Nein“. Zwingt ihn/sie NICHT (sowohl physisch als auch verbal), mit Euch zu tanzen. Es macht euch selbst auch keinen Spaß mit unwilligen zu tanzen.

Nehmt es gelassen. Wahrscheinlich braucht der/die Gefragte tatsächlich mal eine Pause, ist in ein Gespräch verwickelt oder schlicht gerade auf dem Weg zum WC. Lasst euch dadurch nicht die Laune vermiesen, euer nächster Tanz kommt bestimmt.


Auf der Tanzfläche

Für Leader:
  • Behandelt eure Tanzpartnerin mit Respekt. Nutzt die körperliche Nähe nicht für plumpe Anmachversuche aus. Dass eine Frau euch bittet, mit ihr zu tanzen, bedeutet: Sie möchte [mit euch/generell] tanzen. Punkt! Frauen, wie auch Männer, zeigen mit ihrer Körpersprache recht genau, wie viel Nähe oder Abstand gerade erwünscht ist. Respektiert das bitte, unabhängig davon, ob ihr
    führt oder folgt. Spitznamen wie „Grapscher“ sind schwer wieder loszuwerden.
  • Jede Forró-Szene definiert für sich, was ok ist und was nicht. Bei uns z.B. löst ein Streicheln mit der Hand über den Bauch der Partnerin oder das Anfassen ihres Hinterkopfes im Allgemeinen eher Verwunderung als Begeisterung aus.
  • Bei der körperlichen Nähe können bestimmte Bewegungen sehr intim wirken und sind nicht immer erwünscht. Die Reaktionen sind immer unterschiedlich und individuell. Dies erfördert Sensibilität der Leader. Verzichtet bitte lieber auf solche intimen Figuren, wenn Ihr die Person nicht gut kennt.
  • Lasst die (rechte) vordere Hosentasche bitte frei. Ihr scheuert mit euren Wertsachen ansonsten gegen die Oberschenkel der Partnerin – ein Schlüsselbund beschert euch dabei besonders böse Blicke.
  • Wenn nötig, passt euch dem Level eurer Partnerin nach unten an. Beim Forró geht es nicht darum, sein eigenes Repertoire um jeden Preis zur Schau zu stellen. Es geht vielmehr um das Aufbauen einer Verbindung zum Partner, die ein harmonisches, gemeinsames Tanzen ermöglicht. Wenn ein Verzicht auf besonders komplexe Figuren dazu notwendig ist, dann ist das eben so.
  • Nehmt bitte Rücksicht auf die Paare neben euch. Beachtet dabei besonders das Wohl eurer Partnerin – sie muss euch schließlich vertrauen können. Sollten dennoch Zusammenstöße passieren, sagt den Gestoßenen freundlich „sorry!“ und tanzt weiter.
Für Follower:
  • Sollte euer Tanzpartner zu aufdringlich werden, macht ihn am Besten sofort darauf aufmerksam: Nehmt seine Hand von eurem Hinterkopf, Nacken oder von wo auch immer. Sollte dies tatsächlich nicht verstanden werden wollen: Brecht den Tanz zur Not ab. Lasst nichts zu, womit ihr euch nicht wohl fühlt. Ihr selber definiert für euch, was in Ordnung ist und was zu weit geht.

    Bei Fragen stehen euch Mitglieder unseres Teams als Ansprechpartner jederzeit zur Verfügung.

  • Lasst euch bitte auch dann führen, wenn der Führende den Takt nicht findet. Bei unseren Kursen ist es erwünscht, dass ihr ihn darauf ansprecht und ihm bei der Suche danach behilflich seid. Die Kurse besucht man schließlich, um besser zu werden – konstruktive Kritik muss erlaubt und erwünscht sein. Bei den Partys solltet ihr selber schauen, ob ihr ihn darauf aufmerksam macht. Dies mag von Fall zu Fall variieren. Es spielt sicherlich auch eine Rolle, wie gut man sich kennt und ob der Augenblick dafür passend erscheint.
  • Versucht bitte nicht zu antizipieren, nehmt dem Führenden den weiteren Verlauf einer Bewegung nicht vorweg. Lasst euch auf den Partner ein und versucht möglichst genau darauf zu achten, was er führt und wie.
Für alle:
Die oberste Maxime lautet: Seid nett. Wir alle verbinden mit einer bevorstehenden Forró-Party die Erwartung, einen angenehmen Abend voller Tanz und mit vielen netten Menschen verbringen zu können. Behandelt andere so, wie ihr selbst behandelt werden möchtet.

  • Schaue, bevor Du Dein Partner dorthin schickst. Schaue, wohin Dein Partner Dich schickt.
    Beide Partner sollten aufeinader aufpassen und bereit sein, sich selbst und den Partner zu stoppen/bewegen, um Gefahren zu vermeiden.
  • Besonders auf enger und überfüllter Tanzfläche, wählt Bewegungen und Variationen mit Bedacht. Bevorzugt Ihr Figuren, die Ihr gut macht – es ist wahrscheinlich nicht der richtige Zeitpunkt, um die neue Hebefigur auszuprobieren, an dem Ihr möglicherweise nur einmal nachgedacht habt.
  • Liebe Erfahrenen: Tanzt mit Anfängern. Vergesst nie: Ihr wart auch mal eine/r. Nutzt eure Erfahrung, um Neueinsteigern den Start zu erleichtern. Zeigt ihnen, dass sie bei uns herzlich willkommen sind. Sie werden es euch später danken.
  • Liebe Anfänger: Ihr habt keinen Grund, euch zu verstecken. Fordert ruhig auch diejenigen auf, die schon gut tanzen können. Dies ist keineswegs unhöflich, es ist völlig normal. Mischt euch unters Volk, lasst euch den einen oder anderen gut gemeinten Tipp geben und habt Spaß am Tanzen.
  • Es ist nicht unüblich, dass man mehrere Tänze mit dem selben Partner tanzt. Die Spanne liegt oft zwischen einem und drei Tänzen. Das am Ende eines Tanzes geäußerte „Danke“ markiert meist den sehr baldigen Abschied. Bedankt euch ebenso, umarmt euch und geht eurer Wege. Das Wort „Bitte“ als Antwort stellt in diesem Kontext keine Option dar.
  • Für Fehler – sofern sie dem Partner nicht physische Schmerzen bereitet haben – braucht man sich nicht zu entschuldigen. Wenn der Partner es aber dennoch mal tut: Nehmt die Entschuldigung nicht an. Mit einem fröhlichen „Macht nichts“ gebt ihr ihm zu verstehen: „Ja, es war deine Schuld aber ich verzeihe dir“. Dabei ist die Entschuldigung meist nur eine Höflichkeitsformel, beruhend auf dem Wissen, dass Fehler nur selten bloß einem der Partner zuzuschreiben sind – und dass es doch im Grunde egal ist. Im besten Fall ist die Entschuldigung das Understatement eines besseren Tänzers.
    Eine bessere Antwort wäre z.B. ebenfalls ein kurzes „sorry!“ oder einfach nur ein Lächeln.
  • Stellt euch mit Getränk in der Hand bitte an die Seite. In keinem Fall steht man damit mitten auf der Tanzfläche und behindert die Tanzenden – auch ohne Getränk besteht auf der Tanzfläche ein absolutes Halteverbot. Dass man sein Getränk vor dem Tanzen aus der Hand nimmt, sollte jedem klar sein.
  • Mäßigt euch beim Konsum von Alkohol. Zu viel Alkohol enthemmt, man nimmt beim Tanzen weniger Rücksicht auf Andere und wird, wenn’s ganz arg kommt, auch noch zudringlich. Außerdem tanzt man dann schlicht nicht mehr gut und hat eine Fahne.
  • Außer bei Open-Air-Events ist das Rauchen bei unseren Veranstaltungen nicht erlaubt.

Fazit

Dies sind nur einige der üblichen Hinweise, mit denen wir an die Etikette in der Welt des Forró herangehen. Und erinnert Ihr Euch noch einmal an unsere insgesamt wichtige Forró-Regel: Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, dies zu tun. Ihr habt möglicherweise einen sehr guten Grund, einige der oben genannten Hinweise nicht zu befolgen.

Solange Ihr Euch so verhält, dass Ihr Euch selbst, Eure Tanzpartner(in) und die Anderen auf dem Tanzfläche respektierst, habt Ihr es verstanden.


Quelle: